Die Welt entdecken

Es begann vor etwa drei Jahren. Mein Kopf war ständig am arbeiten. Ständig musste bei allem was geschehen ist, eine Lösung gefunden werden. Ständig musste mein Kopf versuchen, das Leben anders zu gestalten und das Glück in der Liebe wieder finden. Es ging so lange, bis meine grosse Liebe sich dann von mir getrennt hat und ich ganz alleine da stand. Nur ich und meine nervenden Gedanken. Das Problem hatte erst richtig begonnen – ich musste mir helfen lassen, denn meine Gedanken kamen nicht mehr zur Ruhe. Es wurde mir gesagt, ich leide unter Zwangsgedanken und das käme bei Liebeskummer noch oft vor. Alles gut, es brauchte Zeit und viel Geduld, auch für mein Umfeld war ich unausstehlich.

Es war Winter, draussen war kalt und überall lag Schnee am Boden. Ich bin ein Kind des Meeres und ich wusste schon immer, dass ich im falschen Land lebe. „Eine Veränderung wäre jetzt schön, doch was soll ich denn bitte ändern?“ dachte ich mir. Von irgendwo tauchte eine Stimme in mir auf, die sagte, los geh ans Meer und lerne surfen! Es klingt total komisch, aber so war’s. Deshalb buchte ich ohne viel zu überlegen eine Woche ein Surf & Yoga Retreat in Portugal, und zwar genau über Neujahr.

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Malveira da Serra, Portugal

Mit Herzschmerz flog ich zum ersten Mal nach vielen Jahren alleine nach Lissabon und wurde dort in der Nähe von Cascais herzlichst empfangen. Wir waren eine kleine weibliche Gruppe und es war einfach unbeschreiblich schön. Die Atmosphäre, das Essen, die Yoga-stunden und die vielen guten Gespräche haben mir enorm geholfen, mich zu erholen. Was das Surfen angeht, da hatte ich eine katastrophale Woche. Ich konnte nicht ein einziges Mal auf dem Surfboard stehen und hatte echt Angst vor dem Wasser! Ich war nur noch wütend und enttäuscht und gleichzeitig traurig, weil ich nicht so gut wie die anderen war. Ständig musste ich mich mit den anderen Mädels vergleichen. Es entstand eine Art Emotions-Krieg und ich wollte nie mehr wieder Surfen lernen.

„Es ist toll, Zeit mit sich selbst zu verbringen.“

Der Alltag kehrte zurück und der Liebeskummer war mit der Zeit erträglicher. Ich ging zum ersten Mal ganz alleine nach Barcelona. Das war echt komisch für mich, denn ich wusste nicht, ob ich fähig bin alleine an einem fremden Ort zu sein. Nun kann ich sagen, es war die beste Entscheidung meines Lebens und es war wunderschön in Barca. Zudem ist das Hostel Gracia sehr gut gelegen. Alleine im Restaurant essen zu gehen, alleine ins Museum gehen. Es ist toll, Zeit mit sich selbst zu verbringen. So unausstehlich bin ich ja gar nicht!

Oft hatte ich Albträume von den fiesen, gigantischen Wellen aus Portugal, die mich jedes Mal in ihrem Bann zog und ich dann schweissgebadet im Bett erwachte. Das Surfen ging mir nie mehr aus dem Kopf und versuchte es zu ignorieren. Mein innerer Kritiker war sicher schuld an dem ganzen Dilemma.

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Nusa Lembongan, 2015

Irgendwann sagte ich zu ihm „Weisst du was, ich werde es nochmals versuchen, und werde dir beweisen, dass ich es doch irgendwie kann!“. Mit einem mulmigen Gefühl buchte ich bei Starsurfcamps und ging dann für zwei Wochen nach Bali. Und siehe da, ich konnte es mir selbst beweisen, surfen kann jeder, auch ich! Es braucht einfach Zeit und extrem viel Geduld (was ich ja nicht wirklich habe).

„Was tun? Die Emotionen akzeptieren!“

Ich habe mich wortwörtlich in’s Surfen verliebt. Die Wellen, der Wind, der weite Blick über das Meer und der Duft. Einfach ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Je mehr ich surfe, desto mehr nehme ich die Gegenwart wahr. Keine Gedanken über die Vergangenheit und der Zukunft, jede gute und weniger gute Emotionen fühle ich ganz genau im Körper und das einzige was man hier tun kann ist: die Emotionen zu akzeptieren. Surfen gibt mir das Gefühl, lebendig zu sein, mit allen Ecken und Kanten und das ist total in Ordnung.